Freitag, 26. Dezember 2008

Ich kann sehen was Du denkst, Big Brother in Beast 666!

Synapsen-Computer
von Andreas von Rétyi

Die Erfindung des Computers revolutionierte unsere Welt. Sehr bald war bewun-dernd von den "Computer-Gehirnen" die Rede. Nun steht eine neue Revolution bevor: die wahren Gehirn-Computer kommen!
Denn mit finanzieller Förderung der militärischen US-Behörde DARPA gehen interdisziplinäre Forschergruppen nun an die Entwicklung von selbständig denkenden und lernenden, hoch kom-plexen Rechnern, deren Schaltkreise wie die Synapsen-Netze echter Gehirne aufgebaut sein werden.
Computer sind dem menschlichen Gehirn bekanntlich in einigen Eigenschaften um Dimensionen überlegen. Sie sind in der Lage, Myriaden komplexer Rechenoperationen in Sekundenschnelle durchzuführen, sie speichern unvorstellbare Datenmengen, vergleich sie, analysieren sie und unterstützen den Menschen heute bei den unterschiedlichsten Aufgaben.
Wenn man ihnen sagt, was sie zu tun haben, bewältigen sie in kürzester Zeit selbst Arbeiten, für die tausend Leben nicht ausreichen würden.
Oder sie schaffen Scheinwelten – Simulationen in Wissenschaft und Technik ebenso wie im Be-reich der Unterhaltung. Zwar, so ganz zuverlässig sind sie gewiss nicht, davon weiß fast jeder-mann ein Lied zu singen, doch ohne Computer ginge meist gar nichts mehr.

Allerdings sind die famosen "Elektronenhirne" trotz ihres gewaltigen Einsatzspektrums und ihrer an ein Wunder grenzenden Leistungsfähigkeit längst nicht mit biologischen Denk-Appara-ten zu vergleichen.
Sie erreichen nicht annähernd das, was wir als mentale Kapazitäten definieren. Computer denken schließlich nicht wirklich, sie sind nicht in der Lage komplexe Entscheidungen zu treffen, unterschiedlichste externe Reize sofort zu analysieren und zu korrelieren oder im tatsächlichen Sinne zu lernen. Natürlich, da gibt es Ansätze, doch wo wäre der Mensch heute, wenn sein Gehirn nicht über den Status eines Hochleistungschips hinausreichte! Die Fähigkeit zu Invention und Intuition, zu Kreativität und Forschung sowie vieles mehr bestimmt die Qualität unseres zentralen Denkmechanismus.
Das haben die Schöpfer der künstlichen Hirne selbstredend schon längst erkannt und widmen sich demnach genau diesen Problemen, um "Bewusstseins-Rechner" zu entwickeln – im Rahm-en einer neuen Disziplin, die demnach auch als "Cognitive Computing" ihren Eingang ins tech-nologische Vokabular gefunden hat.
Vorbild ist dabei klarerweise wieder einmal Mutter Natur. Wenn auch nicht imm-er perfekt, so präsentiert sie sich doch meist als optimale Version der jeweils an-gestrebten Zielsetzung.
Die neue Forschung führt Fachleute recht unterschiedlicher Bereiche zusammen, vor allem aus Computer- und Materialwissenschaften, Psychologie und Neurobiologie. Die aktuelle Zielsetzung hierbei liegt in der Simulation neuraler und synaptischer Netze, um eine größtmögliche Annäh-erung an das biologische Vorbild "Gehirn" zu erreichen.
Das Projekt wird auch vom US-Militär in Gestalt der hoch aktiven Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) finanziert – der US-Behörde für fortschrittliche Projekte der Ver-teidigungsforschung.
Gegenwärtig besteht ein Vertrag über rund fünf Millionen US-Dollar, der bei ersten Erfolgs-meldungen sicherlich um ein Vielfaches aufgestockt werden wird, um das ehrgeizige Unterfang-en überhaupt erst in den Bereich des Machbaren zu rücken.

Geleitet wird das Forschungsvorhaben vom IBM-Wissenschaftler Dharmendra Modha. Er resü-miert:
"Es gibt keine Computer, die auch nur entfernt in der Lage sind, an die bemerk-enswerten Meisterleistungen heranzureichen, die der Geist bewerkstelligt.
Die Schlüsselidee des Cognitive Computing liegt in der Konstruktion von intelli-genten Maschinen, die unserem Verstand gleich kommen.
Wir können dies durch die Rekonstruktion der Struktur, Dynamik, Funktion und des Verhaltens des Gehirns erreichen."

Nun wird an fünf führenden Universitäten daran gearbeitet, das Wissen über Säugetiergehirne technisch umzusetzen – auf Grundlage von Supercomputer-Simulationen von Nervenzellen und -bahnen.
Zum ersten Mal soll dann ein elektronisches System geschaffen werden, das sich genau wie diese Simulationen der biologischen Vorbilder verhält.
Neurobiologen haben in den vergangenen Jahren bereits viel über das Funktionieren von Neu-ronen und der sie verbindenden Synapsen in Gehirnen primitiverer Tiere gelernt und daraus Diagramme der entsprechenden "Verkabelung" dieser Nervenzentren entworfen.
Supercomputer werden nun bei der Entwicklung ihrer eigenen Nachfahren mithelfen und sind gegenwärtig in der Lage, Gehirnstrukturen bis hin zur Komplexitätsebene kleinerer Säuger zu simulieren.
So war der BlueGene-Supercomputer im vergangenen Jahr bei der Simulation eines Mäuse-Gehirns erfolgreich. Leitender Wissenschaftler war auch hier Dr. Dharmendra Modha. Doch bei solchen Simulationen allein soll es eben nicht bleiben.
Modha verweist auf die praktische Umsetzung mithilfe von Nanotechnologie. Erst kürzlich er-reichte die Technologie eine Stufe, auf der Strukturen aufgebaut werden können, welche die typische Flächendichte der Neuronen und Synapsen echter Gehirne erreichen. Sie liegt bei etwa zehn Milliarden Einheiten pro Quadratzentimeter.

Bei den aktuellen Forschungen beschreiten die Wissenschaftler teils völlig neue Wege und ver-kehren alte Prinzipien ins Gegenteil. So rückt gegenüber früheren Ansätzen nicht das Problem in den Vordergrund, das schließlich von einem System zu lösen ist, sondern die Identifikation der Schaltkreise im Gehirn – als Grundlage für die später entwickelten Algorithmen, mit denen ein weites Spektrum an "Anwendungen" möglichst flexibel zu bedienen wäre.
"Das Gehirn ist weit weniger ein neurales Netzwerk als ein synaptisches Netz-werk", erklärt Dr. Modha.
Die Hirnstruktur ist nicht von der Problemvorgabe abhängig, und sobald die wirklich geeigneten Strukturen bestimmt sind, wird dadurch das System von allen Einschränkungen ausdrücklich vorprogrammierter Funktionen befreit – die unabdingbare Voraussetzung für ein flexibles und unabhängiges Gebilde, in dem Vorgänge ablaufen können, die wir bisher als "Denken" bezeich-neten. Gegenwärtiges Ziel der Forschungen ist die Entwicklung eines Mechanismus, dessen Effi-zienz ungefähr den Fähigkeiten eines Katzenhirns gleicht.
Später dann kommen sicher noch Systeme mit "Ich-Bewussstsein" hinzu.
Absolute Luxusklasse – der Egofaktor fürs Elektronenhirn oder aber für den durchgeknallten Wissenschaftler?
Bislang waren Computer nicht mit lebenden Gehirnen zu vergleichen. Nun soll ihnen also endlich auch echtes Denken beigebracht werden. Und Emotionen? Wer weiß, vielleicht sind sie ja nicht mehr nötig. Aber was ist der Nutzen von alledem? Allein die Tatsache, dass das Militär wieder einmal seine Finger im Spiel hat, verheißt eigentlich nicht unbedingt viel Gutes. Und es gehört nur wenig Fantasie dazu, sich auszumalen, welche Folgen aus diesem Spiel resultieren können. Reichte dazu vielleicht schon die Fantasie eines synthetischen Katzenhirns aus?

Montag, 22.12.2008
Kategorie: Allgemeines, Enthüllungen, Wissenschaft
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