Mittwoch, 21. Januar 2009


Armut in Österreich
Bei 230.000 reicht der Lohn nicht fürs Leben

In Österreich leben etwa eine Million Menschen in Haushalten mit Einkommen unter der Armutsgefährdungsgrenze, bei 230.000 reicht trotz steter Arbeit der Lohn nicht fürs Leben. Das geht aus dem am Montag veröffentlichten zweiten Armuts- und Reichtumsbericht der Österreichischen Gesellschaft für Politikberatung und Politikentwicklung hervor. Steigend ist dabei vor allem die Zahl jener eingangs genannten Menschen, die trotz eines Jobs armutsgefährdet sind, die sogenannten "working poor": Mit 230.000 ist sie zwölf Prozent höher als im Jahr 2003. Auf der anderen Seite gibt es in Österreich immer mehr Reiche: Die Zahl der Dollar-Millionäre (rund 70.000 Menschen) stieg innerhalb dieser fünf Jahre um 17 Prozent.
Infobox

krone.tv: Das musst du gesehen haben!

Infopics - klick dich durch die Bilder des Tages!

Teste dein Wissen beim Wochenquiz!
Die Armutsgefährdungsquote liegt seit Jahren konstant hoch zwischen zwölf und 13 Prozent, erklärte Politikberater Andreas Höferl bei einer Pressekonferenz am Montag in Wien. Armut betrifft vor allem Arbeitslose, kinderreiche Familien, Alleinerzieher und Migranten. Eine Ursache für Armutsgefährdung ist auch der Anstieg atypischer Beschäftigung. Nur noch 57 Prozent der Beschäftigten sind ganzjährig in Vollzeitbeschäftigung. Ebenfalls erheblich seien die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen.
Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich weiterWährend rund eine Million Österreicher in einem Haushalt mit einem Einkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle (893 Euro bei Einpersonenhaushalten) lebt, nahm gleichzeitig aber auch der Reichtum zu. Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich immer weiter, so Höferl. Das Geldvermögen wurde in den letzten zehn Jahren auf fast 2,155 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Davon haben jedoch nur die wenigsten etwas, denn während kleine Einkommen mit neun Prozent nur schwach gestiegen sind, wuchsen sie im obersten Einkommensdrittel um über 40 Prozent. Die Zahl der Reichen und Super-Reichen nahm zu, 70.000 Dollar-Millionäre (plus 17 Prozent gegenüber 2003) gibt es in Österreich.
Österreich ist kein "Hochsteuerland"Einen "maßgeblichen Einfluss" auf die Entwicklung von Armut und Reichtum hat die Steuerpolitik. Im internationalen Vergleich zeige sich, dass Österreich kein "Hochsteuerland" ist. Bei der Vermögensbesteuerung weise es laut Höferl sogar die mit Abstand geringste auf. Dies kritisierte auch Sozialwissenschafter Emmerich Talos, der von einer "Schieflage" im Steueraufkommen sprach: "Menschen mit weniger Einkommen, zahlen die Umverteilung."
Zur Bekämpfung der Armut wären laut Talos neben Maßnahmen in der Steuerpolitik auch mehr Mittel für den Arbeitsmarkt sowie die Einführung von Mindeststandards notwendig. Die bedarfsorientierte Mindestsicherung wäre "unumgänglich". Die Politik hätte aber auch für eine "Verwirklichungschance" - durch Bildung, soziale und öffentliche Dienstleistungen - zu sorgen, so Höferl.
Hundstorfer will Mindestsicherung rasch umsetzenDie Bekämpfung der Armut werde weiterhin im Zentrum der Sozialpolitik stehen, erklärte Sozialminister Rudolf Hundstorfer in einer ersten Reaktion. "Mit der Umsetzung der bedarfsorientierten Mindestsicherung werden wir ein weiteres wichtiges Instrument zur Armutsbekämpfung erhalten", so Hundstorfer in einer Aussendung. Die Mindestsicherung soll "so rasch wie möglich" umgesetzt werden, hieß es aus dem Büro des Ministers. Sollte einzig Kärnten dagegen sein, hätten die anderen Bundesländer zu entscheiden, ob diese Maßnahme ohne Kärnten umgesetzt werde. Ziel wäre jedenfalls eine bundesweite Lösung.
Küberl: "Armutszeugnis" für ÖsterreichCaritas-Präsident Franz Küberl bezeichnete die Ergebnisse des Armuts- und Reichtumsberichts als "Armutszeugnis" für Österreich. "Um den heimischen Sozialstaat sicher in die Zukunft zu führen, muss man ernsthaft in Überlegungen zu einer Vermögenszuwachssteuer einsteigen", erklärte Küberl. Er sprach sich auch für eine "zügige Umsetzung" der bedarfsorientierten Mindestsicherung aus.
Die Volkshilfe drängt ebenfalls auf eine rasche Umsetzung: "Es ist für viele Menschen unverständlich, dass für die Banken in kürzester Zeit Milliarden zur Verfügung gestellt werden, die Einführung der Mindestischerung aber auf sich warten lässt", so Volkshilfe Präsident Josef Weidenholzer. Neben der Mindestsicherung macht sich die Organisation außerdem für eine solidarische Pflegesicherung stark, da Pflegebedürftigkeit immer noch ein Armutsrisiko darstelle.
BZÖ fordert Mindestlohn von 1.300 Euro bruttoDas BZÖ forderte angesichts der steigenden Zahl der "working poor" einen Mindestlohn von 1.300 Euro brutto. "Wer arbeitet, der muss von seinem Lohn auch anständig leben können", erklärte Sozialsprecherin Ursula Haubner. Sie sprach sich auch für die Einführung eines "Generationengeldes" aus, als finanzielle Anerkennung unbezahlter sozialer Leistungen wie Kindererziehung oder Pflege. Die FPÖ wiederum kritisierte, dass das "Working poor-Phänomen" ein Resultat "verfehlter rot-schwarzer Sozialpolitik" sei, wie FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl erklärte. Die Schutzinteressen der Arbeitnehmer würden immer weiter untergraben, ÖVP und SPÖ seien nur Erfüllungsgehilfen eines "neoliberalen EU-Kurses", kritisierte Kickl.
Grünen-Sozialsprecher Karl Öllinger ortet Defizite im österreichischen Sozialsystem, da es nicht vor Armut schützt. Er forderte deshalb die sofortige Anhebung des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe. Eine Grundsicherung müsse zudem sicherstellen, dass die Menschen nicht in Armut "dahinvegetieren". "Und sie muss Betroffene dabei unterstützen, neue Perspektiven zu entwickeln. Beide Bedingungen erfüllt das Regierungsmodell leider nicht", so Öllinger.
AK ortet "Handlungsbedarf"Eine solidarische Gesellschaft hätte dafür zu sorgen, dass Arbeitslosigkeit nicht zur Armutsfalle wird, erklärte Bernhard Achitz, Leitender Sekretär im ÖGB. Die bedarfsorientierte Mindestsicherung, auf Grund der Wirtschaftskrise noch wichtiger, müsse rasch umgesetzt werden - "und zwar österreichweit", betonte Achitz. Auch die Arbeiterkammer (AK) ortet "Handlungsbedarf": Die Bekämpfung der sozialen Schieflage in Österreich, gerade in Bezug auf Erwerbseinkommen, müsse verstärkt werden, erklärte Christoph Klein, Bereichsleiter für Soziales in der AK Wien. Er sieht zudem die AK-Forderung nach Verbesserungen, etwa der Erhöhung der Notstandshilfe, bestätigt.






Kaufsucht finanziert
Steirerin stahl eine Million vom Firmenkonto

400 Leibchen, 150 Paar Schuhe, Unmengen von Lebensmitteln - all das hat man in der Wohnung einer 31-Jährigen gefunden. Dazu 300 Kochbücher und zehn Flaschenöffner. Die Frau litt unter einem Kaufrausch. In Leoben stand sie am Montag unter Anklage der Untreue vor Gericht, weil sie mehr als eine Million Euro vom Konto ihres Dienstgebers auf ihr privates transferiert hatte.
Infobox

krone.tv: Das musst du gesehen haben!

Infopics - klick dich durch die Bilder des Tages!

Teste dein Wissen beim Wochenquiz!
"Ich war selbst schockiert, als mir die Polizisten die Schadenssumme gesagt haben", stammelt die 31-Jährige vor Gericht. Zweimal geschieden, seit dem 12. Lebensjahr leidet sie an Bulimie, dazu kommen Panikattacken und Existenzangst. Eine kranke Frau.
Unmengen sinnloser Einkäufe getätigtImmer wieder hatte sie als Sachbearbeiterin im Verrechnungswesen Geld vom Firmen- auf das eigene Konto überwiesen. Und damit Unmengen sinnloser Einkäufe finanziert. Zunächst waren es "nur" 5.000 bis 6.000 Euro, die pro Monat das Konto wechselten, zuletzt aber 50.000 bis 60.000. Klar, dass die Sache aufflog.
Urteil: 30 Monate, davon 20 bedingt. Das Gericht berücksichtigte unter anderem ein vom Sachverständigen diagnostiziertes Borderline-Syndom als Milderungsgrund.
von Heinz Weeber, Kronen Zeitung



Groteske um Wrack
BZÖ kauft Haider-Auto jetzt auf eigene Rechnung

In der Diskussion um Jörg Haiders demolierten Dienstwagen hat das Kärntner BZÖ jetzt offenbar vorzeitig einen Schlussstrich gezogen. Landeshauptmann Gerhard Dörfler beendete die groteske Debatte, ob aus dem völlig demolierten Phaeton ein Kunstwerk werden soll und wer die Kosten für einen Kauf trägt, indem er verkündete, dass das BZÖ das Wrack im Namen des Landes Kärnten für rund 40.000 Euro auf eigene Rechnung erwerben werde. Dörfler verglich Haiders Unfalltod dabei mit der Ermordung von John F. Kennedy.
Infobox

Dörfler sammelt Spenden für Haider-Gedenkstätte

Land Kärnten kauft Unfallstelle Jörg Haiders
Rund 40.000 Euro verlangte die Auto-Leasingfima als Eigentümerin des Wagens vom Land Kärnten. Die Partei werde die Rechnung übernehmen, so Parteiobmann Uwe Scheuch, der zuvor Dörflers Vorhaben in Sachen Kunstwerk als "pietätlos" kritisiert hatte.
Ob aus dem Wrack noch ein Kunstwerk werden könnte, ist somit nicht mehr ganz so klar. Dörfler, der meinte, Haiders Witwe Claudia sei für eine künstlerische Verewigung, erklärte am Montag, das Fahrzeug erst einmal in sicheren Händen wissen zu wollen: "Ich will das Wrack haben, bis alle Untersuchungen abgeschlossen sind."
Auch nach dem Mord am amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy habe es immer wieder Untersuchungen gegeben, aber bis heute wisse niemand, was genau passiert sei, meinte Dörfler, der auch nach zwei Gutachten nicht anerkennt, dass Haider bei dem Unfall offensichtlich betrunken war. Das Wrack soll in Landesverwahrung bleiben.
Parteien waren gegen Kauf durch Land KärntenDie ursprünglichen Pläne Dörflers, das Wrack des VW Phaeton vom Land ankaufen zu lassen, waren bei den anderen Parteien in Kärnten auf wenig Gehör gestoßen. Obmann Scheuch hatte die Diskussion, ob Steuergeld für den Kauf des Wracks eingesetzt werden solle, als "beschämend" bezeichnet. Daher habe er sich entschlossen, die notwendigen 40.000 Euro aus der Parteikasse zu bezahlen.



Schluss mit lustig
Modedroge "Spice" in Deutschland verboten

Das angekündigte Verbot der Modedroge "Spice" in Deutschland tritt am Donnerstag in Kraft. Die Drogenbeauftragte Sabine Bätzing hatte das Verbot von Herstellung, Handel und Besitz von "Spice" bereits Ende Dezember mit Hinweis auf die Gefahren des Rauschmittels angekündigt. In Österreich ist der Handel mit der Kräutermischung schon seit Mitte Dezember verboten. Inzwischen hat das deutsche Bundeskriminalamt mitgeteilt, die Droge wirke sogar stärker und unberechenbarer als Marihuana und Haschisch.
Infobox

krone.tv: Das musst du gesehen haben!

Infopics - klick dich durch die Bilder des Tages!

Teste dein Wissen beim Wochenquiz!
Das Rauschgift enthält demnach als Hauptwirkstoff das synthetische Cannabinoid "CP-47,497". Diese Substanz ähnle dem Hauptwirkstoff der Cannabispflanze, THC, besitze aber eine um ein Vielfaches höhere pharmakologische Potenz.
Warnung vor ÜberdosierungenDas deutsche Bundeskriminalamt warnt eindringlich vor der Gefahr von Überdosierungen. Das Suchtpotenzial sei mindestens mit jenem von Cannabis vergleichbar. Zudem könnten durch den Verbrennungsprozess beim Rauchen sowie durch Umsetzungen der Wirkstoffe im Körper giftige und potenziell krebserregende Produkte gebildet werden.
Die frei verkäufliche Kräutermischung hatte in den vergangenen Monaten immer mehr an Beliebtheit zugenommen. Offiziell gehandelt wird "Spice" als "Räuchermischung zum Beduften von Räumen". Entgegen den Empfehlungen wird es aber geraucht. Nach Händlerangaben kosten drei Gramm in den bunten, metallisch glänzenden Tütchen rund 30 Euro.
"Zugedröhnte" KonsumentenDie Wirkung der Droge wird als zunächst euphorisierend und enthemmend, dann als müde machend beschrieben. Die Konsumenten wirken letztendlich "zugedröhnt". In der Szene ist "Spice" auch deshalb beliebt, weil es mit gängigen Tests nicht nachweisbar ist. Deshalb wird die Mischung von Menschen bevorzugt, die sich regelmäßigen Drogentests unterziehen müssen, um ihren Führerschein wieder zu erhalten.
Seit November war bereits das Bundesinstitut für Risikobewertung davon ausgegangen, dass der Konsum von "Spice" zumindest die Fahrtüchtigkeit und die Fähigkeit beeinträchtigt, Maschinen zu bedienen.
Bätzing hatte beklagt, dass auch das große Medieninteresse die Nachfrage nach dem "unbekannten Produkt für Insider", das es bereits seit Jahren gebe, enorm gesteigert habe. Sie erwartet, dass das Interesse an "Spice" nun abnehmen wird.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen